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Von Leipzig bis Cottbus

So ruhmreich die letzte Zweitligasaison für die Wölfe auch endete: Im DFB-Pokal kamen sie nicht weit.

Zuerst meinte es Frank Neubarth noch ganz gut mit den Wölfen: Die Kugel mit dem Wappen des VfL Wolfsburg fischte der Werder-Profi als erstes aus dem Topf. Bayern, Stuttgart, Schalke, HSV – wer würde am Elsterweg vorstellig werden? Ehe sich Peter Pander die Höhe der erhofften Zusatzeinnahmen ausmalen durfte, sackte sein Kopf aber ins Krankenhaus-Kissen zurück: Energie Cottbus, einen Regionalligisten, zog die Losfee hinterher. Das Heimrecht im Zweitrundenpokalspiel der Saison 1996/1997 wurde somit getauscht. „Das ist nicht das gewünschte Los“, ließ Willi Reimann einsilbig wissen. Während der VfL-Chefcoach auf der Rückreise aus Leipzig im Mannschaftsbus von der Ansetzung erfuhr, ahnte der Manager bereits Ungutes. „Cottbus ist eine verdammt harte Nuss“, kommentierte Pander, der infolge einer Blinddarm-Operation außer Gefecht gesetzt war und die ZDF-Live-Auslosung in seinem Krankenzimmer am Fernseher verfolgte.

Bereits im Vorjahr blamiert

Schon wieder ein Auswärtsspiel also, mittlerweile das elfte (!) hintereinander. „Wir hatten alle die große Hoffnung gehabt, endlich mal wieder zu Hause zu spielen und waren deshalb sehr enttäuscht“, erinnert sich Uwe Zimmermann, der mit den Grün-Weißen in seinen fünf Saisons am Elsterweg Pokalmomente von äußerst unterschiedlicher Intensität erlebte. Buchstäblich herausragend blieb natürlich das 1995er-Finale gegen Mönchengladbach. Dem bis dahin größten Spiel der Vereinshistorie folgte nur ein paar Monate später indes ein umso überraschenderes Erstrundenaus. Im Wiederholungsspiel bei Lok/Altmark Stendal – das erste Duell musste wegen Dunkelheit abgebrochen werden – zog der VfL im Elfmeterschießen den Kürzeren. „Da haben wir uns schon mal kräftig blamiert und wollten es in der neuen Saison natürlich unbedingt besser machen“, sagt Zimmermann. „Aber was soll ich sagen: Es hat nicht so ganz geklappt.“

Die Zeichen auf ein Weiterkommen standen dabei gar nicht so schlecht. Die Erstrundenhürde, Fünftligist VfB Leipzig II, wussten die Wölfe einigermaßen locker zu nehmen. Stefan Meißner (24.), Matthias Maucksch (40.), Ulf-Volker Probst (50.) und Roy Präger (75.) schossen im Bruno-Plache-Stadion einen lockeren 4:0-Erfolg heraus. Als es zwei Wochen später nach Cottbus ging, schien die Reimann-Elf dank zweier gewonnener Ligaspiele gerade richtig in Fahrt und war außerdem personell wieder komplett. Erstmals nach langer Zeit hatte der Chefcoach in den Tagen vor der Partie sämtliche Spieler im Training inklusive Petar Mihtarski, der soeben frisch verpflichtet die Reise ins Stadion der Freundschaft direkt mit antrat. Zimmermann: „Wir sind sehr optimistisch und auch mit großer Erwartungshaltung dort hingefahren. Wenn man einmal in Berlin war, will man das schließlich immer wieder erleben.“  

Cottbus später im Endspiel

Einer der Kontrahenten sollte am Ende tatsächlich ins Pokalfinale ziehen – aber es war nicht der VfL. Energie, zu diesem Zeitpunkt bereits Spitzenreiter der Regionalliga Nord-Ost, bereitete den Grün-Weißen einen heißen Empfang, hatte allerdings Glück, dass es noch bis in die Schlussphase 0:0 stand. „Gegen diese enorm kampfstarke Truppe haben wir eigentlich gut dagegengehalten. Nur haben wir es einfach nicht hinbekommen, ein Tor zu erzielen.“ Zimmermann bekam speziell im ersten Abschnitt sehr gut zu tun, sah dann seine Vorderleute immer zwingender werden. Gerade als Cottbus aber zu wanken schien, führte der entscheidende Fehler zum einzigen Tor: Sekunden zuvor ins Spiel gekommen, nutzte der gerade 1,73 Meter große Frank Seifert eine Konfusion im Strafraum der Wölfe und köpfte die Elf von Eduard Geyer ins Achtelfinale. Entsetzen auf der grün-weißen Bank. „Eine völlig unnötige Niederlage!“, polterte Pander. „Nach diesem Spiel können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“Taten sie aber. Denn was sich nur kühne Optimisten schon in diesem Moment auszumalen trauten, das trat tatsächlich ein: Das frühe Pokalaus hatte sein Gutes. Gleich im nächsten Auftritt, einem fiesen Freitagabendspiel beim Tabellenschlusslicht Rot-Weiss Essen, bewiesen die Wölfe Schneid, gewannen an der Hafenstraße mit 1:0. Acht Spiele in Folge sollten sie fortan nicht mehr verlieren, krallten sich in der Spitzengruppe der zweiten Liga fest und waren bekanntlich bis zum Showdown gegen Mainz nicht mehr von dort zu vertreiben. „Ich will nicht sagen, das Pokalaus in Cottbus wäre ein Schlüsselerlebnis gewesen. Denn der Zusammenhalt in der Truppe war ohnehin überragend“, so Zimmermann. „Trotzdem hat uns diese Erfahrung noch zusätzlich zusammengeschweißt. Und wohin uns dieser Teamgeist schließlich noch führte, ist ja bekannt.“ Ein Glücksgefühl im DFB-Pokal war „Zimbo“ mit den Wölfen übrigens doch noch vergönnt: Eine Saison später – im dann 13. Anlauf – wurde den Grün-Weißen endlich ein Heimspiel zugelost. Als frisch gebackener Bundesligist empfing der VfL Wolfsburg erstmals überhaupt in einem Pflichtspiel den FC Bayern.